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5 Stunden vor
Martin Fuchs und Leone Jei siegen im Rolex Grand Prix
Rolex Grand Prix in Genf? Hat Martin Fuchs schon zweimal gewonnen. Spruce Meadows – ebenfalls abgehakt. Was er bislang oft versucht und nie geschafft hat: den Rolex Grand Prix von Aachen zu gewinnen. Am Sonntag war es so weit.
14 Paare hatten den ersten Umlauf des Rolex Grand Prix von Aachen 2025 fehlerfrei hinter sich gebracht. Elf davon blieben ein zweites Mal fehlerfrei und erreichten das Stechen. Das sei mehr als er erwartet hatte, gab Parcourschef Frank Rothenberger im Stadioninterview zu. Seine Erklärung: „Die Pferde sind heute fantastisch gesprungen!“ Allen voran Martin Fuchs’ Leone Jei.
Acht Hindernisse trennten die elf Paare im Stechen vom großen Geld, insgesamt 1,5 Millionen Euro Preisgeld, allein eine halbe Million davon für den Sieger. Als Klippe des Stechens erwies sich das vorletzte Hindernis, eine zweifache Kombination. Hier passierten die meisten Fehler, so zum Beispiel bei den Olympiasiegern Christian Kukuk und Checker. Oder auch bei den Publikumslieblingen Richard Vogel und United Touch S, die gleich beide Sprünge abrasierten.
Den ersten Null-Fehler-Ritt lieferte der Aachen-Debütant aus Brasilien, Stephan de Freitas Barcha mit Chevaux Primavera Imperio Egipcio. Im Mercedes-Benz Nationenpreis schieden sie nach einem Sturz aus. Heute zeigten sie, was sie können: fehlerfrei, 54,33 Sekunden. Das bedeutete schlussendlich Rang vier.
Dann Auftritt Steve Guerdat und Europameisterin Dynamix de Belheme für die Schweiz. Mit einer geschmeidigen schnellen Runde, bei der die Stute weder über noch zwischen den Hindernissen einen Zentimeter verschenkte, waren sie fast zwei Sekunden schneller und fehlerfrei. 52,59 Sekunden waren die neue Zeit, die es zu schlagen galt.
Nächster Starter Gerrit Nieberg. 2022 hatte er den Rolex Grand Prix mit Ben nach einem wahren Husarenstück im Stechen gewonnen. Aber Ben war ein erfahrenes Pferd (das nun für die USA im Einsatz ist), Niebergs neuer Star, der auffällige Schecke Ping Pong van de Lentamel ist erst zehnjährig und die CHIO-Aachen Mauer, die im Stechen zum ersten Mal aufgebaut war, fand er offenbar etwas unheimlich. Er stutzte, da war es passiert, ein Abwurf.
Nächstes Paar waren Martin Fuchs und Leone Jei. Dem großen athletischen Schimmel mit seinem bodenfressenden Galopp kommen weite Galoppstrecken, wie die in der Soers entgegen. Und Martin Fuchs hatte sich für heute einiges vorgenommen. „Ich war oft nah dran, hier zu gewinnen. Letztes Jahr habe ich ihn im Stechen im Stich gelassen und einen Reiterfehler gemacht. Das wollte ich dieses Jahr besser machen.“ Zumal Fuchs bewusst ist: „Wenn ich nichts falsch mache, lässt er normalerweise die Stangen oben.“ Wie er sich auf den Großen Preis vorbereitet hat? „Ich habe den Großteil des gestrigen Abends damit verbracht, mir alle Großen Preise, die ich hier geritten bin, auf Video anzuschauen und zu gucken, was ich besser machen kann!“ Die Strategie, die Fuchs sich schließlich fürs Stechen zurechtgelegt hatte – einen Galoppsprung weniger zu der zweifachen Kombination und dann so schnell wie möglich über den letzten Steilsprung ins Ziel – ging voll auf. Er traf genau die richtigen Linien, um Leone Jei optimal an die Hindernisse zu bringen. Noch ehe er sein Ergebnis sah, ballte er die Faust im Triumph. Noch größer wurde die Freude als das Ergebnis auf der Tafel erschien: null Fehler, 50,29 Sekunden, neue Führung. Doch noch kamen vier Paare. Würde es noch besser gehen?
Lillie Keenans Pferd heißt zwar Fasther, war aber etwas langsamer, 51,44 Sekunden und einen Abwurf hatten sie auch. Dann Richard Vogel und United Touch S. Sie scheiterten wie gesagt an der zweifachen Kombination. Als nächstes betrat die Siegerin im RWE Preis von Nordrhein-Westfalen, Nina Mallevaey, mit Dynastie de Beaufour den Platz. Wow, waren die beiden schnell! Aber auch sie bezahlten ihren Mut zum Risiko mit einem Abwurf. Immerhin, dank der schnellsten Vier-Fehler-Runde beendete die 25-jährige Französin ihren ersten Aachen-Einsatz mit einem tollen fünften Platz.
Nun war es nur noch ein Paar, das Fuchs den Sieg streitig machen konnte: die Mannschaftsolympiasiegerin und Siegerin im Mercedes-Benz Nationenpreis, Laura Kraut auf Baloutinue. Dass den beiden alles zuzutrauen ist, steht außer Frage. Aber Laura Kraut sagt, sie habe schon bei der Mauer entschieden, dass sie im Anritt auf die zweifache Kombination nicht volles Risiko gehen und lieber versuchen würde, fehlerfrei zu bleiben. Das funktionierte. Aber sie bezahlte ihr Sicherheitsdenken mit 200.000 Euro. Bei 52,41 Sekunden stoppte die Uhr. Das reichte für Rang zwei vor Steve Guerdat, aber nicht mehr, um Martin Fuchs vom Thron zu stoßen.
Martin Fuchs ist damit der erste Schweizer Sieger im Rolex Grand Prix von Aachen seit 2004, als sein Onkel Markus Fuchs mit Tinka’s Boy die letzte Ehrenrunde des CHIO Aachen-Wochenendes anführte. Beim Schweizer Triumph zuvor im Jahr 1983 war es Martin Fuchs’ Pate, Willi Melliger, mit Van Gogh gewesen. „Mein Pferd war fantastisch heute“, strahlte der neue Rolex Live Contender übers ganze Gesicht. „Immer da, immer präsent. Im Stechen kann ich mit ihm immer ein paar Galoppsprünge auslassen. Daher war das auch mein Plan für heute. Ich habe wirklich Glück, dass ich ein Pferd wie dieses reiten darf.“ Nächste Etappe des Rolex Grand Slam, bei der Leone Jei seine Stärken ausspielen kann: Spruce Meadows.
Selbstverständlich hätten sich auch die Platzierten gerne in der Position von Martin Fuchs gesehen. Aber sie trugen es mit Fassung. Laura Kraut sagte: „Ich bin sehr zufrieden. Wir hatten elf Reiter im Stechen, die schnellsten der Welt. Von daher wusste ich, das könnte nicht so gut ausgehen“, erklärte sie ganz bescheiden. Sie traf eine Entscheidung: „Die Zweifache war schwierig zu springen. Bis dahin waren viele Reiter schnell. Ich wusste nicht, ob ich an Martin (Fuchs) dran war oder nicht. Aber anstatt volles Risiko zu gehen, habe ich den sicheren Weg zur Zweifachen genommen. Und die Art wie Martin auf den letzten zu ist – keine Chance!“, räumte sie unumwunden ein.
Ähnlich äußerte sich auch Steve Guerdat: „Ich habe heute viele Gründe, glücklich zu sein. Man brauchte heute ein Pferd mit großem Galoppsprung. Den hat meine Stute nicht. Die Prüfung lief nicht gut für uns, es gab so viele Nuller. Ich wusste, ich konnte mir keine Hoffnungen auf den Sieg machen. Natürlich hätte ich heute gerne selbst gewonnen, aber lieber Martin als irgendwer sonst“, gönnte er seinem Freund und Landsmann den Sieg von Herzen.
Damit endete der CHIO Aachen 2025 und Sportchefin Birgit Rosenberg war mehr als nur zufrieden: „Der Tag war ein perfektes Finish – abgesehen vom Regen. Aber die gesamte Woche haben wir fantastischen Sport in allen Disziplinen gesehen und die Zuschauer haben die Pferde und den Sport mit uns gefeiert.“