Dressur
5 Stunden vor
Standing Ovations für Sensationssieger Justin Verboomen im Lindt-Preis
Kurzfristig machte man sich etwas Sorgen um die Standfestigkeit der Tribünen rund um das Aachener Dressurstadion. Die Zuschauer feierten ihre Sieger der Herzen und nun auch Sieger des Lindt-Preises 2025, den Belgier Justin Verboomen und seinen Hengst Zonik Plus, die Dressur-Entdeckung schlechthin in diesem Jahr. Spätestens seit dem CHIO Aachen 2025.
Die Sensation ist perfekt. Für Justin Verboomen und seinen selbst ausgebildeten, neun Jahre jungen Zonik Plus ist es die erste Grand Prix Saison, in der sie sich auf Anhieb für den CHIO Aachen empfehlen konnten. Es war Verboomens erster Auftritt beim Weltfest des Pferdesports. Und erstmals in der CHIO-Geschichte ging der Lindt-Preis an ein Paar aus Belgien – das dabei die Vorjahressieger und Olympiasilbermedaillengewinner hinter sich ließ, die erfolgreichste Dressurreiterin aller Zeiten, Isabell Werth, und ihre Wendy de Fontaine. Verboomen kam auf 89,40 Prozent, Werth auf 88,44 Prozent. Über Rang drei freute sich Mannschaftsolympiasieger Frederic Wandres mit Bluetooth OLD vor der Olympia-Bronzemedaillengewinnerin und Drittplatzierten im MEGGLE-Preis, Becky Moody (GBR) mit Jagerbomb (85,490).
So weit die nüchternen Fakten, an denen man schon ablesen kann, warum dieser Sieg Verboomens mit Fug und Recht als Sensation bezeichnet werden kann. Das eigentlich Herausragende war aber die Art und Weise, wie dieser Triumph von Verboomen und seinem Hannoveraner Zonik-Sohn zustande kam und wie er gefeiert wurde. Es war der Sieg der Harmonie und Leichtigkeit.
Im besten Fall ist Dressurreiten wie tanzen – zwei Partner in Harmonie. Der eine führt und unterstützt unauffällig, der andere nimmt die Führung an und lässt beide als Paar strahlen. Genau das gelang heute Justin Verboomen und Zonik Plus im Lindt-Preis 2025. So stellt man sich Dressur vor. Leicht, selbstverständlich – Mühelosigkeit statt Kontrolle. Das alles wurde passend untermalt von leichten, unaufdringlichen Melodien, die eigens für die beiden komponiert wurden. „Ich wollte, dass alles fließend und harmonisch ist, so dass die Menschen die Emotionen spüren. (…) Ich wollte, dass sie den sensiblen Teil von Zonik und mir spüren. Ich möchte, dass sie eine Gänsehaut bekommen“, erklärte Verboomen. Das ist ihm definitiv gelungen. Wohl jeder im Aachener Dressurstadion hat heute die Verbindung zwischen Pferd und Reiter gespürt, die sich kennen, seitdem Verboomen Zonik Plus zweijährig in Portugal entdeckte, kaufte, dreieinhalbjährig nach Belgien holte und seither ausgebildet hat.
Als das Paar auf die letzte Mittellinie der Kür abbog, fingen die Zuschauer an, rhythmisch zu klatschen. Kurzzeitig hatte man Sorge, Zonik Plus könnte dadurch in seiner Konzentration gestört werden. Aber das war nicht der Fall. Als die beiden im Viereck zum Halten kamen, riss es die Zuschauer von den Sitzen – Tosender Applaus, Johlen, Pfeifen und stehende Ovationen begleiteten die beiden auf ihrem Weg gen Ausritt. Es war eine Stimmung wie im Fußballstadion. Dann die Notenvergabe: 89,40 Prozent! Noch mehr Jubel, noch mehr Begeisterung. Es war ein in jeder Hinsicht denkwürdiger Tag.
Stimmen
Justin Verboomen nach der Siegerehrung: „Ich bin überglücklich, mein Pferd war unglaublich! Heute hatte ich eine super Verbidnung zu ihm. Das war mein Ziel diese Woche. Das ist das Wichtigste für mich!“ Ob es schon angekommen sei, dass er bei seinem ersten Aachen-Auftritt einen Platz auf der ewigen Bestenliste erreicht hat? Er wiegte nachdenklich den Kopf. So richtig wohl noch nicht. Aber für die Zukunft weiß er, was er möchte: „Das gleiche Gefühl haben, wie heute in der Kür.“
Isabell Werth hatte alles gegeben mit Wendy. Heute gelangen sogar die Einerwechsel fehlerfrei, in vorherigen Prüfungen eine Fehlerquelle. Auch sie hatten in ihrem „Wohnzimmer“ begeisterten Applaus geerntet. Werths Fazit: „Gestern war Wendy ,on fire‘, heute entspannter. Ich bin glücklich über die täglichen Verbesserungen. Der Galopp war viel besser und kann noch ein bisschen besser werden. Die Übergänge waren super, der Schritt war sofort da. Sie war dynamisch und es gab keine großen Fehler.“ Ob sie ein bisschen enttäuscht ist, Zweite geworden zu sein? „Nein! Wie ich gesagt habe, ich liebe den Wettbewerb, ich liebe es, mich zu messen. Das tun wir alle. Manchmal hat man einen Prozentpunkt mehr, mal weniger. Das ist die Herausforderung.“
Frederic Wandres sagte: „Es ist der letzte Tag, wir sind wieder auf dem Podium, das ist eine gute Entwicklung. Mein Pferd war die gesamte Woche über gut. Es war eine anstrengende Woche unter den Wetterbedingungen. Anfang der Woche war es so heiß, nun regnet es und man braucht fast eine Jacke. Das ist schwierig für die Pferde.“ Glücklich war er auch über seine neue Kür-Musik unter dem Motto „All you need is love“. „Die ist gerade rechtzeitig gekommen. Ich hatte keine Gelegenheit sie zu testen“, verriet er. Aber es hat alles gepasst.
Das letzte Wort hatte CHIO Aachen-Sportchefin Birgit Rosenberg: „Der große Gewinner heute ist der Sport. Wir hatten viel Kritik im Vorfeld. Die habt ihr heute beantwortet. Wir haben super Bilder gesehen, super Pferde. Danke an euch, eure Teams, eure Pfleger, die hinter den Kulissen alle so hart arbeiten. Ich denke, das heute war ein Vorgeschmack auf das, was uns nächstes Jahr bei den Weltmeisterschaften erwartet.“